Profil und Datierung
Der Macer floridus (De viribus herbarum) ist ein lateinisches Lehrgedicht in Hexametern zur Heilkunde der Pflanzen. Verfasser ist nach heutigem Stand Odo Magdunensis (Odo von Meung); die ältere Zuschreibung an Aemilius Macer ist unhaltbar. Entstanden in Westfrankreich um 1065–1070; die Ersterwähnung erfolgt um 1100 (Sigebert von Gembloux). Das Werk liegt in einer kürzeren Frühfassung (ca. 60 Kapiteln) und einer erweiterten Fassung (insgesamt 77 Kapiteln) vor; die Erweiterungen stehen unter dem Einfluss des Liber graduum (von Constantinus Africanus).
Form und Methode
Pharmakographisches Lehrgedicht: Jede Pflanze in einem eigenen Kapitel mit Namen/Synonyma, Primärqualitäten (warm/kalt; feucht/trocken), Wirkungen/Indikationen und knappen Anwendungs‑/Zubereitungshinweisen; gelegentlich Kritik an Plinius oder Walahfrid Strabo. Stilistisch lehnt sich Odo an klassische Lehrdichtung an (u. a. Vergil, Lukrez). Die Identifizierung der behandelten Lemmata ist überwiegend gut möglich; einzelne Fälle werden weiterhin diskutiert (vgl. neuere Forschung).
Überlieferung und Rezeption
Der Macer verbreitete sich rasch in zahlreichen Handschriften und wurde früh in Volkssprachen übertragen (u. a. deutsch, französisch, englisch, italienisch). Hervorzuheben ist die deutsche Vulgatfassung (um 1220). In Kompilationen wie dem Speyrer Kräuterbuch wurde der Stoff mit Circa instans und Hildegards Physica verknüpft und prägte so die Kräuterbuchtradition bis in die Frühe Neuzeit.
Einordnung
Der Macer floridus steht neben zeitgleichen Prosa‑Arzneimittellehren (u. a. Circa instans, Liber aggregatus/Pseudo‑Serapion) und bildet den metrischen Gegenpol: ein leicht memorierbares, didaktisch gegliedertes Lehrgedicht. Für die Klostermedizin wichtig als Brücke zwischen antiker Überlieferung, gelehrter Systematik und der volkssprachlichen Rezept‑ und Kräuterbuchkultur.
Kernpunkte
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Autor: Odo Magdunensis (Odo von Meung); ältere Zuschreibung an Aemilius Macer verworfen
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Entstehung: Westfrankreich, um 1065–1070; Ersterwähnung um 1100 (Sigebert)
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Umfang: Frühfassung ca. 60 Kapitel; Erweiterung 77 Kapitel; Erweiterungen unter Einfluss des Liber graduum
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Form: Hexameter‑Lehrgedicht (Namen/Qualitäten/Wirkungen/Anwendung)
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Rezeption: breite Handschriften‑ und Übersetzungstradition; wichtig in Kompilationen (z. B. Speyer)
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Einordnung: metrischer Gegenpol zu Prosa‑Arzneimittellehren (Circa instans, Liber aggregatus)