Die Birke wurde von den Völkern Nordeuropas besonders geschätzt. Dies liegt vielleicht daran, daß sie zu den ersten Bäumen gehört, die nach der letzten Eiszeit das Land begrünten. So spielt sie in vielen germanischen und keltischen Bräuchen eine Rolle.
Der bis zu 25 Meter hohe Baum zeichnet sich durch seine auffällige Rinde aus, die erst braun ist, dann leuchtend weiß wird, und später stark nachdunkelt. Die Zweige hängen wie bei der Weide herab. Beheimatet ist die Birke in den gemäßigten Zonen Europas und Asiens. Ihre Blütezeit liegt zwischen Ende März und Mai. Sie kann auch in sehr feuchtem Gelände überleben, da sie wegen ihres sehr hohen Harzgehaltes sehr widerstandsfähig ist.
Die weiße Rinde wurde auch als Schreibmaterial genutzt, was schon in altindischen Schriften bezeugt wird. Dort heißt die Birke „bhurga“, im Althochdeutschen „bircha“, altnordisch „bjork“.

Geschichte

Die Ärzte der Antike nutzten die Birke nicht, lediglich Plinius erwähnt sie beiläufig. Bei den Autoren der hochmittelalterlichen Klostermedizin fehlt sie dagegen nie. Hildegard von Bingen (1098-1179) scheint die erste zu sein, die die Pflanze in einem medizinischen Werk ausführlicher behandelt. Ihr folgen Albertus Magnus und Konrad von Megenberg im 13. bzw. 14. Jahrhundert. Der Domherr Konrad von Megenberg berichtet, dass die Kinder den Saft, der im Frühjahr aus der Birke austritt, getrunken hätten, weil er süß schmeckt. Dieser Saft wurde auch als Mittel gegen Steinbildung und bei Leberbeschwerden eingesetzt, sowie bei Mundfäule und Hautproblemen.
Seit dem 19. Jahrhundert gelten Birkenblätter als harntreibend und als Mittel gegen Gicht und Wassersucht. Das Öl der Birkenknospen fand Eingang in die Kosmetik und wird dort in Produkten zur Pflege von Haut und Haaren verarbeitet.


Wirkung und Anwendung

In der traditionellen Medizin wurden von der Birke Rinde (Betulae cortex), Knospen (Betulae gemmae) und Teer genutzt; heute werden in der Phytotherapie fast ausschließlich die Blätter (Betulae folium) verwendet. Typische Inhaltsstoffe der Blätter sind Flavonoide (z. B. Hyperosid), ferner geringe Mengen Phenolcarbonsäuren, Triterpene/Saponine sowie Spuren ätherischer Bestandteile.

Nach HMPC (EMA) gelten Zubereitungen aus Birkenblättern als traditionelle pflanzliche Arzneimittel zur Erhöhung der Harnmenge zwecks Durchspülung der Harnwege als Adjuvans bei leichten Harnwegsbeschwerden. Die Einstufung beruht auf langjähriger Anwendung.

Dosierung (Richtwerte nach HMPC)
Krauttee aus geschnittener Droge: 2–3 g in ca. 150 ml heißem Wasser als Aufguss, bis zu 4‑mal täglich.
Pulverisierte Droge: Einzeldosis ca. 650 mg, 2‑mal täglich.
Trockenextrakt (z. B. DER 3–8:1, Auszugsmittel Wasser): 0,25–1 g, 4‑mal täglich.
Flüssigextrakt (frische Blätter, wässrig): 15 ml, 2–3‑mal täglich.
Flüssigextrakt, stabilisiert (frische Blätter, 50–60 % Ethanol, DER ~1:1): 2,5 ml, 3‑mal täglich.
Anwendungsdauer: traditionell 2–4 Wochen. Für die gewünschte Durchspülung ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr notwendig.

Sicherheit
Nicht anwenden bei Überempfindlichkeit gegen Birkenblätter oder Birkenpollen, sowie bei Zuständen, in denen eine Flüssigkeitsrestriktion erforderlich ist (z. B. schwere Herz‑ oder Nierenerkrankung). Anwendung bei Kindern < 12 Jahren wird nicht empfohlen. Bei Beschwerden wie Fieber, Dysurie, Krämpfen oder Blut im Urin ärztliche Abklärung. Gelegentlich gastrointestinale oder allergische Reaktionen (z. B. Hautausschlag, Rhinitis) beschrieben.

Historische/volksmedizinische Anwendungen (z. B. „Frühjahrskur“, Gicht, Unterstützung bei rheumatischen Beschwerden) sind überliefert; eine belastbare klinische Evidenz hierfür ist begrenzt, diese Indikationen sind nicht Teil der HMPC‑Monographie.

Bei Ödemen infolge Herzschwäche oder Niereninsuffizienz darf keine Durchspülungstherapie durchgeführt werden.